Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Emsland

Beschädigter Radweg

Beschädigter Radweg © Felix Wells

Wie Radfahrende mit Straßenschäden und Baustellen umgehen sollten

Schlaglöcher, Frostaufbrüche oder schlecht gesicherte Baustellen gefährden Radfahrende. Gerichte sehen die Haftung häufig bei den Betroffenen – es gibt aber Ausnahmen.

Der Winter hinterlässt oft Schäden auf Radwegen und Straßen. Besonders im Frühjahr bergen Schlaglöcher und Streumaterial erhebliche Risiken für Menschen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Während Autofahrende meist mit einem Schreck und eventuellen Fahrzeugschäden davonkommen, drohen Radfahrenden gefährliche Stürze.

Die Rechtsprechung macht deutlich: Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, muss selbst auf sichtbare Gefahren achten. Doch bei versteckten Risiken oder unzureichender Absicherung können Ansprüche entstehen.

Rechtslage bei Unfällen durch Straßenschäden

Gerichte urteilen bei Schadensersatzansprüchen meist zugunsten der Gemeinden. Das Landgericht München stellte fest, dass auch Anfang April noch mit Schnee und Glätte zu rechnen ist. Radfahrende müssen ihr Verhalten entsprechend anpassen (LG München I, 26 O 19348/05). Selbst im Sommer sollten sie bei erkennbaren Fahrbahnschäden vorsichtig fahren. Bei sichtbaren Mängeln haftet die Gemeinde in der Regel nicht (LG Coburg, 21 O 795/06).

Es gibt jedoch Ausnahmen: Das Berliner Kammergericht entschied, dass Gemeinden vor gefährlichen Baumwurzelaufbrüchen auf Radwegen warnen müssen, wenn diese für aufmerksame Radfahrende nicht erkennbar sind. In solchen Fällen tragen die Gestürzten keine Mitschuld (KG, 9 U 103/09). Bei tiefen Schlaglöchern reicht es nicht aus, nur Warnschilder aufzustellen – die Schadensstelle muss beseitigt werden (OLG Saarbrücken, 4 U 185/09).

Bessere Chancen auf Schadensersatz bestehen bei künstlichen Hindernissen:

  • Sperrpfosten auf kombiniertem Geh- und Radweg ohne Reflektoren oder Leuchtfarbe verletzen die Verkehrssicherungspflicht. Bei bereits passierten Hindernissen tragen Radfahrende 50 Prozent Mitschuld (LG Karlsruhe, 10 U 176/05).
  • Abgesenkte Kanaldeckel auf Radwegen müssen entschärft oder vor ihnen gewarnt werden. Eine fehlende Kennzeichnung führt zu vollem Schadensersatz (OLG Frankfurt, 1 U 30/08).
  • Metallketten zwischen Pfosten benötigen nachts Reflektoren oder Warnbaken. Unkenntlich gemachte Absperrungen gelten als grobe Pflichtverletzung (OLG Hamm, I-9 U 101/07).
  • Nicht markierte Höhenunterschiede zwischen Rad- und Fußweg erfordern deutliche Kennzeichnung. Bereits geringe Niveauunterschiede lösen Haftung aus (LG Münster, 8 O 34/09).

Tipps für sicheres Fahren auf beschädigten Wegen

Der ADFC rät Radfahrenden, bei Schlaglöchern stets den nachfolgenden Verkehr zu beobachten. Nur so lasse sich einschätzen, ob ein Ausweichen möglich ist. Wenn nicht, sollte man kontrolliert bremsen, den Lenker fest greifen und das Hindernis mittig durchfahren. Bei stark beschädigten Radwegen erlaubt die Straßenverkehrsordnung das Ausweichen auf die Fahrbahn.

Gleichzeitig appelliert der ADFC an die Kommunen, Winterschäden zeitnah und gleichberechtigt für alle Verkehrsteilnehmende zu beseitigen. Radwege dürften nicht zugunsten der Autoinfrastruktur vernachlässigt werden. Wer Schäden meldet, trägt aktiv zur Sicherheit bei – viele Gemeinden bieten Online-Meldeportale für defekte Straßenabschnitte.

Fazit

Die Rechtsprechung macht deutlich: Radfahrende tragen viel Eigenverantwortung, doch Kommunen dürfen ihre Verkehrssicherungspflicht nicht vernachlässigen. Wer Schäden meldet, dokumentiert und bei versteckten Gefahren rechtliche Schritte prüft, kann erfolgreich Entschädigung einfordern.

Autor: Roland Huhn, ADFC-Referent Recht

Verwandte Themen

Tempo 30

Papenburgs Friesenstraße und die Initiative Lebenswerte Städte

Freiheit der Kommunen bei Tempo 30? Ausgebremst vom Bundesverkehrsminister Wissing und einem antiquierten Paragraphen!…

Fahrradklimatest 2022 im Emsland

Mit Spannung erwartet: Der Fahrradklimatest 2022! Wie steht es um die Fahrradfreundlichkeit der emsländischen Städte…

Problem-Kreuzung Schüttorfer Straße

Problemkreuzung Schüttorfer Strasse bleibt Problem-Kreuzung

Während die Polizei in Lingen verstärkt gegen Geisterradler*innen vorgeht – durch Hinweisschilder und Kontrollen – sorgt…

Rupingorter Kirchweg umwidmen in Fahrradstraße

Rupingorter Kirchweg soll Fahrradstraße werden

Die Diskussion zur Umwidmung des Rupingorter Kirchwegs zwischen Wietmarschen-Lohne und Lingen zur Fahrradstraße nimmt…

Frau mit Kind und Einkauf auf Lastenrad

Die 10 Gebote des sicheren Radfahrens

Die 10 Gebote des sicheren Radfahrens versuchen, eine Orientierung zu geben, wie sich Radfahrer:innen möglichst optimal…

Bedarfsampel an der Wilhelm-Berning-Straße in Lingen

Meinung: Bettelampeln abschaffen

Die Bettelampel: Sie ist der Hut des Vogts aus Schillers "Wilhelm Tell" für Radfahrende. Dabei gehört dieses Relikt aus…

Radroute von Gauerbach in die Lingener Innenstadt eingeweiht

Erste Hauptradroute in Lingen fertig

Der ADFC lobt die Stadt Lingen:

Der Radentwicklungsplan in Lingen schreitet voran. Die Ludwigstraße in Lingen ist…

Fuß- und Radfahrbrücke Schwedenschanze

Viel zu schmal! Lingener Fußgänger- und Radfahrbrücke Schwedenschanze

Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Viel zu schmal im Begegnungsverkehr ist der Radfahrstreifen. Neuer Trennstreifen auf…

So geht Verkehrswende

So geht Verkehrswende

"Was meint ihr im ADFC eigentlich, wenn von Verkehrswende gesprochen wird?" Antwort geben wir in diesem Artikel mit…

https://emsland.adfc.de/artikel/wie-radfahrende-mit-strassenschaeden-und-baustellen-umgehen-sollten-4

Bleiben Sie in Kontakt