Bahnnostalgie Münsterland
80 Kilometer und 500 Höhenmeter. Das sind die Daten zu einer wunderbaren Tour des ADFC Papenburg durch's schöne Münsterland. Burgen, Schlösser und eine Fahrradstraße, die ihresgleichen sucht. Trotz Wetter war die Tour ein Traum.
Eindeutig war der endlos trockene Sommer 2022 zu Ende. Allen machte dieser Vorgeschmack auf den Klimawandel zu schaffen. Jetzt aber kam endlich mit frischem Wind wieder Regen ins Land. Dennoch blieb die ADFC-Truppe um Hans und Andreas von unmäßigen Schauern und ergiebigen Regen verschont. Denn angesagt war per Wettervorhersage ein richtig ungemütlicher Herbsttag mit teils kräftigem Gegenwind und Temperaturen zwischen 10 und gefühlten 12 Grad. Nichts also, was für sich Ungeübte wie eine fette Einladung zu einer gemütlichen Tour anhört. Tatsächlich aber erwies sich das Wetter insgesamt als recht freundlich. Und auch, wenn ein paar Regenschauer nicht fehlten, war uns der Wetterkoch mit vielen Sonnenphasen, vergleichbar günstigen Temperaturen, die sogar leichtes Schwitzen ermöglichten und ein Wind, der teilweise als Rückenwind definiert werden konnte, recht wohlgesonnen.
So konnte die Tour mit 12 Leuten durch das westliche Münsterland und der alten Bahnlinie von Rheine nach Coesfeld, die heute eine schön zu befahrene Fahrradstraße von allergrößter Beliebtheit ist, mit Genuß und Freude vom Bahnhof Münster aus starten. 80 km mit einigen kräftigen, für uns ungewohnten Steigungen, die auf dem Weg bis Rheine lagen vor uns. Das Schloss in Münster ignorierten wir ebenso wie Haus Vögeding, denn das Rüschhaus und Burg Hülshoff, die Heimat also der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) waren unsere ersten Ziele. Auch wenn das Münsterland gespickt ist mit Schlössern und Burgen, so sind die meisten doch im Privatbesitz und daher leider nicht zu besichtigen. Anders jedoch hier, in den Parkanlagen des Wasserschlosses Hülshoff.
Wir genossen den kleinen Spaziergang durch die wunderbaren Parkanlagen und die Aussicht auf das Wasserschloss, das dereinst Heimat der für uns Norddeutsche so bedeutende Dichterin war. Auf dem Schlossgelände gibt es neben gastronomischen Betrieb ebenfalls die Möglichkeit zu einer Schlossführung. Wir selbst wurden Zeugen einer Hochzeitszeremonie, zu der das Schoss auch heute Heiratswilligen die Möglichkeit bietet.
Nur wenige Kilometer hinter dem Schloss, auf dem Weg nach Havixbeck geschah dann was bei dem zunächst noch bescheidenen Wetter fehlte: Ein Platten, etwas, das es über viele Jahre auf den ADFC-Touren nicht mehr gegeben hat. Hier zeigte sich dann, die Reparaturtüchtigkeit der Anwesenden. Vor gar nicht so langer Zeit war das Flicken eines Fahrradschlauches ja eine Angelegenheit, die schon Jugendlich beherrschten. Heute aber in Zeiten von E-Bikes, Riemenantrieben und Hydraulikbremsen, trauen sich viele gar nicht mehr an den Ausbau eines Hiterrades heran. Ist doch so, oder?
Tatsächlich war das auch gar nicht gefordert und das Flicken des Schlauchs auch ohne Ausbau möglich, wie die Bilder zeigen. Na gut, etwas Herantasten an das Thema war für die Umstehenden dann doch nötig und ehrlich gesagt, haben wir den ersten Flicken zwar vorbildlich und haltbar aufgetragen, leider jedoch ein paar Zentimeter neben dem Loch. So zierte schlussendlich ein Doppelflicken den Schlauch, der selbstverständlich auch dauerhaft hielt. Den verantwortlichen Glassplitter im Mantel haben wir natürlich auch gründlich gesucht, gefunden und sorgsam entfernt. Alles gut also kein Hexenwerk bei dem Pedelec. Wir empfehlen: Einfach mal zu Hause üben.
Als Emsländer denken wir ja, auch das Münsterland sei flach. Tatsächlich bestand der erste Teil unserer Radtour aus recht hügeligem Gelände mit ungewohnt kräftigen Steigungen. So durchradelten wir eine eine schöne Landschaft und kamen bald zu den Baumbergen, wo sich auch der höchste Punkt unserer Tour, der 188 Meter hohen Westerberg mit seinem 32 Meter hohen Longinusturm, befand. Dieser, benannt mit dem Spitznamen des ehemaligen Vereinsvorsitzenden und Gründer des "Baumberge e.V.", bietet auch Besteigungen an, so dass an. So kann von der Turmspitze die Aussicht vom Ruhrgebiet bis weit ins Emsland genossen werden.
Sehenswert ist jener Turm allemal. Schließlich hat er auch geschichtliche Bedeutung für das deutsche Fernsehen: Die rste TV-Sendung in Deutschland erging von hier 1952. Dann der Anschlag von Rechtsradikalen um Ausstrahlung der Serie „Holocaust - Geschichte der Familie Weiss“ 1979 zu verhindern, was glücklicherweise wegen der technischen Unfähigkeit der Rechtsradikalen dann aber nicht gelang.
Beim Abstecher von der Landstraße jedenfalls waren die letzten Meter den Berg hinauf schon eine kleine Anstrengung. Einigermaßen erschöpft machten wir dort angekommen eine Pause und genossen die Aussicht.
Kleiner Tipp: Auch hier, an diesem Bikertreff kann man einen großen Becher Kaffee inhäusig im Café, wie in den rustikalen Außenanlagen nebst einem Stück Kuchen genießen. Der Stachelbeerkuchen ist ehrlich gesagt der Hammer.
Nach einem kleinen Imbiss ging es dann weiter Richtung Billerbeck. Den dort befindet sich ein besonderer Augenschmaus von historisch und religiös großer Bedeutung: Der Ludgerus Dom mit seinen weithin sichtbaren 2 Türmen. Bereits zu Zeiten Karls des Großen wirkte hier der Heilige, dem dann im 11. Jahrhundert hier eine Kapelle gewidmet wurde. Seither finden sich hier Jahr für Jahr zahlreiche Pilger ein. Die heutige neugotische Kirche aus dem 19. Jhd. fußt auf der alten Basilika. Eine kleine Kapelle in der Kirche mit Reliquien des 809 Verstorbenen stellt das Ziel vieler Pilger dieser Wallfahrtstätte dar. Kein Wunder also, dass auch das Innere des Doms beeindruckte. Ihr könnt es an einigen Fotos vielleicht nachvollziehen.
Bevor mir dann den Bahnradweg Richtung Rheine erreichten, steuerten wir noch das Schloss Darfeld an, ein weiteres beeindruckendes Bauwerk dieser Tour, aber leider nur von außen zu bewundern. Eine Regenpause auf dem Weg zum Schloss Darfeld nutzte ich um einige Daten zur Rad Bahnstrecke vorzutragen.
Ab Darfeld dann ging es endlich auf die alte Bahnstrecke Rheine - Coesfeld, die nach Rückbau der Bahngleise zu einer der schönsten Fahrradstraßen umgebaut wurde. So bringt der heutige Radverkehr auf der alten Bahnstrecke wieder Tourismus und Leben in die Dörfer und Ortschaften entlang der Strecke. Seit 1879 und bis Ende der 90er Jahre wurde diese 39 km lange Strecke für Güter und Personenverkehr genutzt bevor sie ab 2009 zu einem 3 Meter breiten super Radweg ausgebaut wurde. Zahlreiche Bahnrelikte entlang der Strecke sind noch zu sehen, viele Sitzgelegenheiten geschaffen worden und 2 Bahnhöfe werden als Cafés genutzt. In dem alten Bahnhof Horstmar ließen wir uns Kaffee und Kuchen in einer ausgiebigen Pause schmecken bevor wir die letzten 20 km auf dem super Radweg durch das beeindruckende Münsterland bis Rheine fortsetzten.
Vor Burg Steinfurt gönnten wir uns einen kurzen Schlenker von der beliebten Fahrradstraße, um den Bagno, einem parkgleichen Naherholungsgebiet im Süden Burgsteinfurts nicht zu verpassen. An dem Park schließt sich ein weitläufiges Waldgebiet mit dem 111 Meter hohen Buchenberg an. Aber auch die Besichtigung des Schlosses in Burgsteinfurt, wie auch dessen historischen Altstadt durften natürlich nicht fehlen.
Von Burgsteinfurt waren es dann noch wenige Kilometer bis zum Ende unserer Tour in Rheine. Dort angekommen, stiegen wir um 18:34 Uhr in Rheine in den Zug gen Heimat nach einer schönen Tour durch das westliche Münsterland.
Selber Mitradeln? Kein Problem!
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Du möchtest gerne an einer ähnlichen Tour teilnehmen, bist Dir aber nicht sicher, ob alles klappt, ob Du bei der Strecke mitkommst, oder hast sonstige Bedenken?
Nur keine Scheu! Guck Dir in Ruhe die aktuellen Tourprogramme unserer Ortsgruppen im Emsland an und nimm ruhig Kontakt mit den dort aufgeführten Tourenleiterinnen, Tourenleiter oder Tourguides auf. Sie helfen Dir bei allen Fragen, die Du dabei hast.