Fuß- und Radfahrbrücke Schwedenschanze

Fuß- und Radfahrbrücke Schwedenschanze © Helmut Reimann

Viel zu schmal! Lingener Fußgänger- und Radfahrbrücke Schwedenschanze

Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Viel zu schmal im Begegnungsverkehr ist der Radfahrstreifen. Neuer Trennstreifen auf der Fußgänger- und Radfahrbrücke an der Schwedenschanze in Lingen führt nun zu Problemen.

Die gute Nachricht zuerst:

Eigentlich sollte nun alles besser sein. Die Fußgänger:innen- und Radfahrer:innen-Brücke von der Jakob-Wolff-Straße Rich­tung Schwedenschanze ist mit einem neuen Belag versehen wor­den. Nachdem jahrelang für zu Fuß Gehende und Radfahrende nur ein alter und durch viele Reparaturen holpriger Belag exis­tierte, finden wir nun endlich eine komfor­table Asphaltdecke. Sehr angenehm!

Wo ist dann das Problem?

So positiv diese Nachricht für die Fahrradfahrer:innen klingt, so un­verständlich ist die Tatsache, dass die Stadt nunmehr eine durchgezogene Linie auftragen ließ, die den Fuß- und Radverkehr voneinander trennen soll. Eine durchgezogene Linie auf einer Fahrbahn ist ein Verkehrszeichen, nämlich das mit der Nr. 295. In der StVO heißt es dazu: „Wer ein Fahrzeug führt, darf die durchgehende Linie auch nicht teilweise über­fahren.“ Das gilt nun also auch für die Radfahrenden, die diesen Radweg nutzen.

Was das für die Radfahrenden bedeutet, zeigen die folgenden Bilder:

 

Rechnen wir mal nach:

Durch die strikte Trennung beider Bereiche bleibt den Radfahrenden so nur eine Fahrbahn­breite zwischen 2,40 m und 1,80 m. Und das auf einem Zweirichtungsradweg. Das heißt an der ungünstigsten Stelle: Für jedes Fahrrad steht nur eine Breite von 90 cm zur Verfügung. Laut Verwaltungsvorschrift zur StVO muss ein baulich angelegter Radweg mindestens 1,50 m breit sein. Über die Breite eines Zwei­richtungsradwegs heißt es, sie müsse einschließlich der seitlichen Sicherheitsräume durchgehend in der Regel 2,40 m, mindestens 2,0 m betragen. Dass 2,40 m oder gar 2,00 m für zwei sich begegnende Fahrräder mit Anhänger oder aber zwei Lastenräder viel zu schmal sind, leuchtet jedem ein. 1,80 m geht aber gar nicht! Somit widerspricht diese Verkehrsführung also zumindest teil­weise den gesetzlichen Vorgaben. Zu Fuß Gehende müssen mit 1,6 m auskommen, was auch zu wenig ist, vor allem wenn sich Menschen mit Rollator, Regenschirm oder Kinderwagen be­gegnen. Dann ist ein Ausweichen auf den Radweg geradezu vorprogrammiert.

Neue Regelung führt zu neuen Bußgeldern

Viel ärgerlicher ist aber, dass mit dieser Maßnahme eine vorher funktionierende Regelung nun kassiert worden ist: Bis dato gab es lediglich farblich unterschiedliche Beläge. So konn­ten Radfahrende und Fußgänger:innen im jeweiligen Begegnungsverkehr kurzzeitig auf die andere Seite ausweichen, ohne dabei eine Ordnungswidrigkeit zu begehen – eine Ordnungs­widrigkeit, die nunmehr mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Muss also einer der Rad­fahrenden ausweichen, so ist er bzw. sie gezwungen abzusteigen und das Rad auf der für Fußgänger:innen vorgesehenen Seite zu schieben.

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht

Änderungen in der Verkehrsführung machen Sinn, wenn der Verkehr dadurch komfortabler, flüssiger und vor allem sicherer gemacht wird. Nichts von dem bietet aber hier die durch­gezogene Linie. Abgesehen davon, dass es sich bei der Brücke nicht um einen Unfallschwer­punkt handelt, können durchgezogene Linien den Verkehr unter Umständen sogar gefähr­licher machen: Diese Linie suggeriert: „Hier ist mein Platz, hier darf kein anderer sein.“ Das kann dazu führen, dass weniger aufeinander geachtet wird. Nicht zuletzt deshalb werden im­mer wieder so genannte „Shared places“ eingerichtet: Verkehrsflächen, auf denen keine Ver­kehrszeichen eine Verkehrsführung vorgeben, so dass jede und jeder gezwungen ist, auf­einander Rücksicht zu nehmen.

Wie es gehen kann, zeigt die Bahnunterführung zwischen Kaiserstraße und Bernd-Rose­meyer*-Straße: Hier gibt es keine Vorgaben, Radfahrer:innen und Fußgänger:innen teilen sich den Verkehrsraum und achten aufeinander. Rücksichtslosigkeit gibt es natürlich sowohl dort als auch auf der beschriebenen Brücke. Die verhindert man aber auch nicht durch das Verkehrszeichen Nr. 295.

Fazit:

Wenn unbedingt gewünscht, hätte es auch eine gestrichelte Linie getan.

 

* Unerfreulicher Sidefact

Die Bernd-Rosemeyer-Straße hieß bis zur Umbenennung durch die Nazis im Jahr 1938 Bahnhofstraße. Trotz Rosemeyers Mitgliedschaft in der SA und SS, zuletzt im Rang des Hauptsturmführers, stimmte noch im Jahr 2022 die Mehrheit des Lingener Stadtrates gegen eine Änderung des Straßennamens.

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