Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Emsland

Bedarfsampel an der Wilhelm-Berning-Straße in Lingen

Bedarfsampel an der Wilhelm-Berning-Straße in Lingen © Theresia Debeerst-Debevere

Meinung: Bettelampeln abschaffen

Die Bettelampel: Sie ist der Hut des Vogts aus Schillers "Wilhelm Tell" für Radfahrende. Dabei gehört dieses Relikt aus der Zeit des Autowahns an vielen Stellen abgeschafft. Was logisch klingt ist eine Sisyphus-Arbeit für jede ADFC-Gliederung.

Von der Kraftdroschke zum Autowahn

Seit den 1920er Jahren gibt es sie, die Lichtsignalanlagen (LSA), im Volksmund Ampeln genannt, um den in Mode kommenden Kraftdroschkenverkehr etwas mehr Ordnung zu geben. Auch mit Gründung der Bundesrepublik, in einer Zeit, in der vielerorts das Spielen und Flanieren auf den Straßen noch möglich war, galt das Motto "Freie Fahrt für freie Bürger". Diese Begeisterung für den Kraftverkehr führte politischerseits in eine Gesetzgebung für Infrastruktur und Straßenverkehr, die radikal dem KFZ-Verkehr die Vorfahrt einräumte.
Die Konsequenz:
Fuß- und Radverkehr führen an den Rand verdrängt, seither an vielen Orten immer noch ein stiefmütterliches Dasein; teilen sich nicht selten Wege von unter 2 Metern Breite für beide Richtungen, oder finden gar keinen Weg, sicher abgegrenzt von den rasenden Blechlawinen.

Die kreuzungsgebundene Bedarfsampel

Radfahrende leben also vielerorts wie Zu Fuß Gehende immer noch gefährlich. Da setzten die Bettelampeln dem wenig respektvollen Umgang mit denen, die aktiv CO2-freien Straßenverkehr praktizieren, der Demütigung die Spitze auf. Damit gemeint sind die kreuzungsgebunden Lichtsignalanlagen mit Anforderungstaster, nicht jene kreuzungsunabhängigen Anlagen, die als Querungshilfe an viel befahrenen Straße Rad- und Fußverkehr dabei helfen, überhaupt unfallfrei Straßen überqueren zu können.

Rot für Klimaschutz

Wie selbstverständlich bekommt der KFZ-Verkehr aus jeder Richtung an diesen Ampeln "Grün" in geregelten Abständen. Viele Ampelanlagen verfügen sogar über Sensoren, die bei herannahendem Verkehr eine Ampel auf Grün schalten, um die Flüssigkeit des Kraftverkehrs optimal zu gewährleisten. Gleiches gilt allerdings nicht für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen. Diese müssen, an eine Ampel angekommen, erst einmal einen Tastschalter bedienen, bevor sie unter Umständen erst am Ende des nächsten Zyklus eine Grünphase erwischen, die dann oftmals auch noch kurz bemessen ist. Zu kurz für manche Passanten mit Gehproblemen. So werden sie konsequent aus dem Verkehr gefegt mit dem deutlichen Signal, wer auf Deutschlands Straßen das Sagen hat.

Die Bedarfsampel wird so vielerorts zu dem Hut des Vogts aus Schillers "Wilhelm Tell" für Radfahrende, vor dem sich in Schillers Geschichte alle Bürger:innen verbeugen müssen.

Es ist eine Art Gängelung des Rad- und Fußverkehrs, der in der Republik wie selbstverständlich von Verkehrsplaner:innen und Behörden betrieben wird. Die dahinterstehende Grundidee: Die Flüssigkeit des Kraftverkehrs gewährleisten, indem Rad und Fußverkehr dem untergeordnet werden. Damit wendet sich die Praxis der Bettelampel direkt gegen die Gleichberechtigung von nicht motorisiertem Verkehr und Kraftverkehr und zeigt der notwendigen Verkehrswende wie ein Schachtelteufel die lange Nase.

Bettelampeln verleiten zu Regelverstoß und Selbstgefährdung

Wollen sich Verkehrsteilnehmende regelrecht an diesen Ampeln verhalten, können dabei bis zu 3 Querungen inklusive Bedarfsanforderung per Tastschalter notwendig werden. Das dabei die Gesamtwartezeit für Radelnde, wie zu Fuß Gehende oft so lang ist, dass nicht selten Ungeduldigere oder Jüngere die Geduld verlieren und dass Rot der Ampel ignorieren, darf uns nicht wirklich wundern. Das führt dann gemäß der aktuellen Straßenverkehrsordnung nicht nur zu Bußgeld und Führerscheinentzug, sondern wird von den Unvorsichtigen nicht selten mit schweren Verletzungen, oder dem Leben bezahlt.

Weg mit den Bettelampeln

Dabei sind die Lösungen ganz einfach, kosten entweder kein, oder nur wenig Geld und passen in eine moderne Verkehrspolitik, welche die Lebensqualität ihrer Bürger:innen im Blick hat:

  • Abschaffung der Tastschalter an kreuzungsgebundenen Lichtsignalanlagen
  • Generelle Gleichschaltung von Grünphasen für nicht motorisiertem und Kraftverkehr
  • Induktionsschleifen auf Rad- und Fußwegen vor anforderungsgebundenen Ampelanlagen
  • Vorzug der Grünphasen für Rad - und Fußverkehr vor dem Kraftverkehr zur Kollisionsvermeidung und Unfallprävention bei abbiegendem Verkehr
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Meinung

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